Bedeutung einer Familienchronik
Die heutige Zeit ist sehr
schnelllebig und die Daten über die Familie gehen mit dem Tot des
Familienmitgliedes verloren. Deshalb ist es sehr wichtig alle Daten aufzuschreiben
um sie der Nachwelt zu erhalten.
Informationen über unsere
Altvorderen können wir nur aus alten Dokumenten und Kirchenbücher entnehmen.
Die Hinweise sind aber Teilweise sehr Lückenhaft. Es ist sehr wichtig die alten
Auskünfte in die richtigen historischen Hintergründe einzuordnen. Deshalb wird
in dieser Chronik auch auf die Geschichte der Kirchenbücher, die Geschichte
Böhmens und über die Orte wo unsere Vorfahren wohnten, berichtet.
Man muss sich aber davon
trennen das Kirchenbücher die Geschichte der Familien aufzeichnet.
Kirchenbücher sind das Arbeitsinstrument der Pfarrer. Hat eine Person in ein
anderes Kirchspiel geheiratet oder ist umgezogen, hat er sich nicht bei seinem
alten Pfarrer abgemeldet. Damit wird es schwer diese Personen zu finden. Besonders
Frauen, die nach der Heirat noch ihren Namen geändert haben, sind teilweise
nicht mehr auffindbar. Durch diese Praxis sind Vorfahren verschwunden und
keiner weiß wohin.
Bei unseren direkten
Vorfahren, gab es auch ein Problem. Im Kirchenbuch von Schirgiswalde steht, das
ein Johann Zacharias Pacher aus Kaiserswalde nach Schirgiswalde geheiratet hat.
Sein Vater hieß Zacharias Pacher. In Kaiserswalde gibt es aber keinen Johann
Zacharias Pacher. Nach einigen Recherchen wurde festgestellt, der Zacharias Pacher
ist in Kaiserswalde geboren und gestorben.
Auch seine 2. Ehe wurde in Kaiserswalde geschlossen. Wo seine erste Ehe geschlossen
wurde ist nicht nachweisbar. Sein Sohn Johann Zacharias wurde in der ersten Ehe
geboren. Nach dem Tod seiner ersten Frau kehrte er mit seinem Sohn nach
Kaiserswalde zurück. Der Sohn wurde nicht in Kaiserswalde geboren, er hat in
Schirgiswalde geheiratet und ist in Schirgiswalde gestorben. Damit taucht er in
keinem Kirchenbuch von Kaiserswalde auf.
Die Familie Pacher hat etwas
Glück. Unsere Vorfahren waren sehr „Bodenständig“. Sie sind von Kaiserswalde
(Böhmen) nach Schirgiswalde (Oberlausitz) und von dort nach Chemnitz (Sachsen) gezogen.
Diese Chronik wurde im Die
Durchsuchung der
Jahr 2012 / 2013 von Kirchenbücher
erfolgte
Manfred Pacher erstellt. gemeinsam
mit meinem
Bruder
Henry Pacher.
Bedeutung von Namen
Bacher Wohnstättenname, für jemanden der an
einem Bach wohnt.
Herkunftsname zu einem der häufigen Orte Bach oder Bachern
Pacher Das ist die bayrische Schreibweise von
Bacher
Greulich Herkunftsnamen
nach dem niederschlesische Dorf Greulich im Landkreis Bunzlau, das heute den
polnischen Ortsnamen Grodzanowice trägt.
Herkunftsname
nach der ostböhmischen Wallfahrtsstätte der Stadt Grulich.
Grulich heißt heute auf Tschechisch Králiky.
-1-
Kirchenbücher (Matrikel)
Es ist sehr interessant zu
erforschen wo meine Familie herkommt. Was hat sie in der Vergangenheit gemacht
und wie ist die Verbindung zu Heute.
Um diese Daten zu erhalten
braucht man zwei Wege. Für die Daten aus der heutigen Zeit muss man Eltern,
Großeltern und andere Verwandte befragen.
Für die längst vergangene
Zeit muss man die alten Kirchenbücher befragen.
Es gibt zwar Kirchenbücher
die bis in das 14. Jahrhundert zurückgehen. Das ist
aber die Ausnahme. Auf der
24. Sitzung des Konzils von Trient, am
11. November 1563, wurde das
„Tametsi-Dekret“ über die Verbesserung der Ehe
beschlossen.
Taufbuch
Um die Nachvollziehbarkeit
für die geistige Verwandtschaft besser gewähren zu können, wurde bestimmt, dass
fortan bei der Taufe nur noch ein Taufpate / -patin oder maximal ein Taufpate
und eine Taufpatin zugelassen sind. Im gleichen
Abschnitt wird auch die Führung
der Taufmatrikel angeordnet. Am Anfang stand in
den Taufbüchern nur das
Taufdatum aber nicht das Geburtsdatum. Im Großen und
Ganzen kann man aber davon
ausgehen, dass am Tag der Geburt auch getauft
wurde. In Späteren Jahren
wurden beide Daten aufgeschrieben.
Der Eintrag in das Taufbuch
erfolgte in der Kirche wo die Taufe durchgeführt wurde.
Wenn ein Kind nicht in einer
rechtmäßigen Ehe geboren wurde, wurde nur der Elternteil aufgeführt, der
bekannt ist. Jeder Anschein von Schande muss vermieden werden. Sollten keine
Eltern feststehen, wird eingetragen „Eltern nicht bekannt“. Bei einem
ausgesetzten Kind wird eingetragen, wo und von wem das Kind gefunden wurde und
wie alt es wahrscheinlich ist. Da man nicht wusste ob das Kind schon getauft
ist, wurde „sub conditione“
eingetragen. Die Taufe erfolgte in der Kirche. Bestand die Gefahr das das Kind gleich nach der Geburt stirbt, erfolgte zu
Hause eine Nottaufe.
Trauungsbuch
Auch die Führung des Traumatrikel wurde auf dieser Sitzung beschlossen. In
diesem Buch mussten die Namen der Ehegatten und der Zeugen aufgeführt sein. Es
ist erstaunlich, dass es keine Anweisung gab, die Eltern der Eheleute zu
nennen. Anscheinend hatte man keinen Zweifel, dass es unproblematisch sei, die
Grade der Blutsverwandtschaft zurückzuverfolgen.
Später wurden noch die Väter
von Braut und Bräutigam aufgeführt. Auch der Beruf und die Hausnummer sind
teilweise vermerkt. In manchen Fällen ist auch der Geburtsort aufgeführt. Steht
vor einem Elternteil das Wort „weyl“ ist dieser zum
Zeitpunkt schon tot.
Im Trauungseintrag steht,
dass an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen die Proklamation erfolgte. Hat ein
Wittwer oder eine Witwe wieder geheiratet wurde das vor dem Namen vermerkt. Bei
Witwen und Witwern wurden meistens keine Eltern aufgeführt.
Der Eintrag in das
Trauungsbuch erfolgte in der Kirche wo die Trauung durchgeführt wurde.
Sterbebuch
Das Tauf- und Trauungsbuch
war seit dem Konzil von Trient Pflicht. Ein Sterbebuch war gewünscht, aber
nicht Pflicht. Im Sterbebuch wurde der Tag der Beerdigung eingetragen. Die
Erwähnung des Sterbedatums wurde erst später eingeführt. Teilweise wurde auch
die Todesursache aufgeführt. In den Anfangsjahren wurde bei Kindern nicht der
Name erwähnt. Es stand nur im Sterbebuch „ Am … ist ein Kind des ….. im Alter von 3 Jahren gestorben. Der Eintrag in das
Sterbebuch erfolgte in der Kirche wo die Beerdigung durchgeführt wurde.
Kaiser Joseph II. verfügte am
20. Februar 1784 wie in Österreich – Ungarn die Kirchenbücher zu führen sind.
Die Form der drei Bücher wurde vorgeschrieben. Außerdem sollen zwei Listen mit
Jahresübersichten geführt werden. Diese Listen wurden für die Erfassung von
Soldaten gebraucht.
Im
Königreich Böhmen übten die Pfarrer oder Schreiber mehr oder weniger sorgfältig
die Pflicht zum Führen der Bücher aus.
Im
Zuge der Gegenreformation (1620) wurden sämtliche evangelische Kirchenbücher
verschleppt oder vernichtet. Erst nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges,
als Gottesdienste im Niederland (nördliches Böhmen) ausschließlich nur
katholische Pfarrer ausüben durften, begann man mit regelmäßigen, meist aber
spärlichen Einträgen.
Die
wenigsten Bürger konnten lesen und schreiben. Deshalb war es vom Pfarrer oder
Schreiber abhängig wie die Namen geschrieben wurden. Bis ca. 1700 wurde unser
Name nicht Pacher sondern Bacher geschrieben. In manchen Kirchenbüchern steht
im Trauungsbuch der Name Bacher, aber in den Taufbüchern Pacher. Es ist aber
davon auszugehen, dass es die gleiche Person ist.
Personenstandsregister
bzw. Standesamtsregister
Seit dem 1. Januar 1876
wurden auf Grund eines Reichsgesetzes die Personenstandsregister bzw.
Standesamtregister eingeführt. Damit wurden die Kirchenbücher als amtliche
Dokumente abgelöst. Das Geburts-, Heirats- und Sterberegister musste die seit
dem 6. Februar 1875 bestellten Standesbeamten führen.
In Österreich hatten die
Religionsgemeinschaften diese Aufgabe noch bis zum 1. Januar 1939 inne.
Die Personenstandsregister
sind für Familienforscher nicht frei einsehbar. Um Auskünfte aus den
Personenstandsregistern erhalten zu können, muss man ein rechtliches Interesse
und/oder direkte Abstammung von der Person, zu der man Auskünfte erhalten
möchte, nachweisen.
-2-
Geschichte Böhmens
9 v. Chr.
wandern die germanischen Markomannen nach Boiohaemum
d. h. Heimat der Bojer, ein und errichten ein großes
germanisches Reich unter ihrem Könige Marbod. Sie
verdrängen die keltischen Bojer, deren
Siedlungsgebiet, Boiohaemum, sich aber nicht mit dem
heutigen Böhmen deckt, sondern bis zur Donau reicht. In Mittel- und Nordböhmen
siedeln germanische Hermunduren ( Thüringer ). - Schlesien erhält seinen Namen
von den Silingen, einem Volke der suebischen
Wandalen.
400-500 Die
germanische Bevölkerung Böhmens nimmt ab. Die Markomannen ziehen als "Baiwaren", " Bajuwaren
"( d.h. Männer aus Baihaim nach Bayern.
500-600 Wandern
slawische Stämme als Knechte, als Sklaven der Awaren (Türken) in die von den
teilweise von Germanen verlassenen Räumen ein. Ein Teil der germanischen
Bevölkerung ist zurückgeblieben.
623 befreit der
fränkische Kaufmann Samo die slawische
Stämme aus der Knechtschaft der Awaren und errichtete als König das erste
slawische Reich, dessen Mittelpunkt wahrscheinlich Böhmen ist und das sich bis
zu den Alpen erstreckt.
805 macht
Karl der Große Böhmen und Mähren tributpflichtig, nachdem er die awarische
Gefahr durch mehrere Kriegszüge beseitigt hat. Der Name Karls wird zur
Bezeichnung für den König bei Tschechen und Polen ( Kral,
Krol = König ).
845 14
böhmische Fürsten lassen sich in Regensburg am Hofe des deutschen Königs
taufen.
895 Nach
dem Zerfall des Großmährischen Reiches, dessen Begründer Rastislaw
das Land durch die aus Byzanz gerufenen Missionare Cyrill und Method an den Osten binden wollte, gehen zum ersten Mal
böhmische Fürsten, darunter der Premyslide Spitignew, freiwillig auf den Reichstag nach Regensburg, um
bei König Arnulf um Wiederaufnahme in das Deutsche Reich zu bitten. Die
Entscheidung für den Westen ist gefallen.
929 ermordete
der Premyslide Bleslaw
seinen Bruder, den regierenden Tschechenherzog
Wenzel, wegen dessen Freundschaft zum Deutschen Reiche und zu dem von deutschen
Priestern verkündeten und vertretenen Christentum. Der deutsche König Heinrich
der I. erscheint daher vor Prag, um den Aufstand der heidnischen Nationalpartei
niederzuwerfen.
950 erst
erkennt Herzog Boleslaw der Grausame die deutsche Lehenshoheit an und leistete
Heeresfolge, so in der Schlacht auf dem Lechfeld 955.
995 beenden
die Premysliden, das Herzogsgeschlecht des um Prag
siedelnden Stammes der Tschechen, die politische Einigung ganz Böhmens durch
die Ausrottung des Geschlechts der Slawnike.
973 Gründung
des Prager Bistums. Sie ist ein besonderes Verdienst des hl. Wolfgang, Bischofs
von Regensburg. Böhmen wird aus dem Verband von Regensburg gelöst und dem
Erzbistum Mainz untergeordnet.
1004 Kaiser
Heinrich II. vertreibt den polnischen Herzog Boleslaw Chrobry,
der Böhmen, Mähren und Schlesien erobert hatte. Böhmen wird ein deutscher
Lehensstaat. Die böhmischen Herzöge sind zum Besuch der Hoftage und zur
Heerfahrt verpflichtet.
1030 entreißt
der böhmische Herzogssohn Bretislaw den Polen Mähren,
um es mit Böhmen zu vereinigen und beide Länder vom Deutschen Reich als Lehen
zu empfangen.
1034-1055 Herzog
Bretislaw, der sich nach der Eroberung Polens
unabhängig machen wollte, wird vom deutschen König Heinrich III. zur
Anerkennung der deutschen Lehenshoheit aufgefordert.
1085 verleiht
Kaiser Heinrich IV. dem Herzog Wratislaw als
Belohnung für treue Dienste den Titel eines Königs, Krönung ist in Mainz.
1158 Herzog
Wladislaw II. (1140-1173) erhält für seine Treue von Kaiser Friedrich
Barbarossa die Königskrone auf dem Reichstag zu Regensburg.
1173-1178 Herzog
Sobieslaw II. stellt den Deutschen, die im Suburbium von Prag wohnen, einen "Schutzbrief " aus: ............ich will, dass diese
Deutschen, wie sie durch ihre Abstammung von den Böhmen verschieden sind, so
auch durch ihr Gesetz und ihr herkömmliches Recht sich von diesen
unterscheiden. ............wie sie schon seit der Zeit meines Großvaters des
Königs erfreute.
Wer es aber vielleicht wagen
sollte unsere Zugeständnisse zu verletzen in dem er die vorgenannten Deutschen
über das festgesetzte Recht hinaus stark belastet, der soll wissen, dass er wie
ein Verbrecher an der Königlichen Majestät bestraft wird und Außerdem den Fluch
des Allmächtigen Gottes in die Ewigkeit zu tragen haben wird ".
1198 Herzog
Premysl Ottokar I. erhält vom Staufen Philipp die erbliche Königswürde.
1212 Kaiser
Friedrich II. bestätigt durch die goldene Bulle die Verleihung der erblichen
Königswürde. Die böhmischen Fürsten sind zur Stellung von 300 Mann zum Römerzug
verpflichtet.
1215
erhält der Johanniter-Orden in Mähren vom Marktgrafen Wladislaw Heinrich das
Recht, auf allen seinen Besitzungen Kolonisten nach dem festen Recht der
Deutschen anzusiedeln.
1230-1253 König
Wenzel I. bestätigt den Schutzbrief der Prager Deutschen.
1253-1278 König
Pemysl Ottokar II,beruft deutsche Handwerker und Bauern , um durch
Gründung deutscher Städte eine gediegene wirtschaftliche Grundlage für die
königliche Macht zu sichern. Das deutsches Rittertum
stellt die Beamtenschaft des Königs. Da er sich aber vom tschechischen Adel für
eine Politik gegen die Einigung des Deutschen Reiches gewinnen lässt, wird er
von König Rudolf I. von Habsburg am 26. August 1278 auf dem Marchfelde
geschlagen.
1322 König
Johann erwirbt von Ludwig dem Bayern das Gebiet von Eger als Pfand.
1335 löst
König Johann ganz Schlesien von Polen ab und verbindet es mit Böhmen.
1367
Tschechische Unruhen gegen deutsche Studenten in Prag. Karl der IV. lehnt die
Forderung der Tschechen , die deutschen Studenten
auszuweisen, mit der Begründung ab, er wolle, dass in Prag Deutsche und
Tschechen wohnen.
-3-
1419 Sturm
der Hussiten auf das Neustädter Rathaus, wo aufrührerische Anhänger gefangen
gehalten werden. Die Ratsherren werden zum Fenster hinabgestürzt. Beginn der
Hussitenkriege. In diesen Kriegen, in denen Jan Ziska
( gest. 1424) durch eine neue Kriegstaktik ( Wagenburg) Erfolge über die
deutschen Ritterheere König Siegesmund erringt, werden die deutschen Städte und
Dörfer, Klöster und Kirchen verwüstet, beraubt, die Deutschen ohne Unterschied
des Geschlechts und des Alters verbrannt, ertränkt und erschlagen, das
Deutschtum im Innern vernichtet oder an die Ränder (Nordwesten) zurückgedrängt.
1434 Ende der Husstenkriege.
1523 Verfasst
Eleutheropius für Elbogen
auf Geheiß des Grafen Sebastian Schlick die erste lutherische Kirchenordnung
auf böhmischen Boden.
1526 wird
der Habsburger, Erzherzog Ferdinand, König von Böhmen und verbindet Böhmen für
vier Jahrhunderte mit dem Hause Habsburg. Er gerät sofort in schwere Konflikte
mit dem Adel, der die protestantische - lutherische Bewegung dazu missbrauchte,
einen Ständerstaat wieder herzustellen.
1531 klagen
die Katholiken, dass sie bereits 150 Pfarreien an das Luthertum verloren
hätten.
1615 fassen
die böhmischen Stände auf dem Generallandtag den Beschluss, die deutsch -
feindlichen Bestimmungen der Wladislawischen
Landesordnung noch zu überbieten: Ausländer sollten so lange nicht als Bürger
aufgenommen werden, solange sie nicht die tschechische Sprache erlernt hätten.
Auf dem Landtag und vor Gericht dürfe nur tschechisch verhandelt werden.
1618 Zweiter
Fenstersturz: Wegen Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des
Majestätsbriefes, durch den Kaiser Rudolf II. 1609 den Protestanten weitgehend
Religionsfreiheit gewährt hatte, kommt es zu einen Tumult auf der Prager Burg. Die
tschechischen - protestantischen Stände stürzen die Landesbeamten Slawata, Martiniz und den Ratsschreiber
Fabritius aus dem Fenster. Das war das Signal zum 30 jährigen Krieg.
1619 setzen
die böhmischen Stände den Habsburger Ferdinand II. ab. Etwa 150 Adelige Wählen
Friedrich V. von der Pfalz ( Winterkönig) zum böhmischen König.
1620 schlägt
das von Tilly befehligte Heer Ferdinands II. den Winterkönig in der Schlacht
auf dem Weißen Berge entscheidend auf das Haupt. Ferdinand II. ist wieder
unbeschränkter Herr Böhmens.
Ohne größere Kampfhandlungen
konnte der mit Ferdinand II. verbündete Kurfürst Johann Georg von Sachsen
zwischen September 1619 und Januar 1620 die Oberlausitz besetzten.
Für seine militärische Hilfe
gegen die aufständischen böhmischen Länder war dem sächsischen Kurfürsten vom
Kaiser finanzielle Entschädigung zugesagt worden. Wenn nicht bezahlt wurde,
sollten die Lausitzen als Pfand an den Wettiner übergeben werden. Ferdinand II.
konnte nicht zahlen und musste 1623 die Pfandschaft
über beide Markgrafentümer einräumen. Die Übergabe
wurde im so genannten Immissionrezess geregelt. Dadurch entging die Oberlausitz
der kaiserlichen Gegenreformation, die in den zwanziger Jahren des 17.
Jahrhunderts in Böhmen und Mähren zum Verbot der protestantischen Bekenntnisse
und Kirchen führte.
Vier böhmische Exklaven blieben in der Oberlausitz erhalten. Das waren die
Orte Schirgiswalde, Niederleutersdorf,
Niedergerlachsheim und Güntersdorf.
1624 Die
Böhmische Hofkanzlei wird nach Wien verlegt und durch ein kaiserliches
Generalpatent eine entschiedene Gegenreformation eingeleitet Nachdem durch die
Religionskämpfe zum Recht erhobenen Grundsatz " Cujus
regio, ejus religio" (Der Landesherr bestimmt die Religion des
Staates) werden die deutschen und tschechischen Protestanten vor der Wahl
gestellt, entweder das Land zu verlassen oder sich katholisieren zu lassen. Die
Reformationskommisare erhalten vom Prager Erzbischof die Weisung, dass die
Bekehrung " nur in Freiheit und Liebe " durchzuführen sei. 30 000
protestantische Familien verlassen das Land. Sie dürfen ihr Eigentum in
Geldwert mitnehmen. Protestantische Kirchenbücher werden verschleppt oder
vernichtet.
1627 Erlässt
Ferdinand der II. die "Vernewerte ( erneuerte )
Landesordnung". Sie beseitigt die Vorrechte des am Weißen Berg
geschlagenen Adels, nimmt die Deutschen in Schutz und erklärt Böhmen als
Erbland der Habsburger Dynastie. Die deutsche Sprache wird gleichberechtigte
Landessprache. Da zwischen dem König und den Völkern keine "Stände"
mehr stehen, kann sich den Tschechen und Deutschen gemeinsamer
Landespatriotismus entwickeln.
1763
muss Maria Theresia im Hubertusburger Frieden auf den
" Garten "Schlesien endgültig verzichten und kann nur den " Zaun
", das kleine Österreich - Schlesien, behalten.
1815 Die
Exklaven Niedergerlachsheim (Grabiszye
Dolna) und Güntersdorf (Godzieszow) werden an Preußen übergeben. Die Orte Gehörten
zum Kreis Lauban und liegen heute in Polen.
1845 am
4. Juli wird die Exklave Schirgiswalde an Sachsen übergeben.
1837 - 1848 Die Prag erscheinende Zeitschrift " Ost und West " versucht
zum letzten Mal, eine gemeinsame geistige Basis von Tschechen und Deutschen in
Böhmen zu erhalten. Der Versuch scheiterte an der Revolution von 1848, die eine
neue Periode der Nationalitätenkämpfe eröffnete.
1848 Am
11. März versammelten sich Tschechen und Deutsche im Wenzelsbad
von Prag und verlangten einen Landtag, vollkommene Gleichberechtigung der
" böhmischen " und deutschen Nationalität und Aufrechterhaltung des
staatlichen Verbandes. (Die Gleichberechtigung führte zur Unterdrückung des
Deutschtums, das Böhmische Staatsrecht zur Zerreißung Österreichs). Die Exklave
Niederleutersdorf wird an Sachsen übergeben.
1866 Krieg
zwischen Preußen und Österreich im Konflikt um Schleswig - Holstein. Österreich
wird am 3. Juli bei Königgrätz entscheidend geschlagen. 23. August Friede von
Prag. Österreich scheidet aus dem Deutschen Bund aus. Das Slawentum in
Sudetenland erhält dadurch mächtig Auftrieb.
1879
Bündnis Österreich mit Deutschland. Trotz dieser außenpolitischen Bündnisses
leben sich die dem Nationalstaatsgedanken anhängenden
-4-
"Reichsdeutschen"
mit den in anderen Staatsverbänden verbleibenden Deutschen des Ostens auseinander.
1914 Ermordung
des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand. Ausbruch des 1 .
Weltkrieges.
1918 Zusammenbruch
der österreichisch - ungarischen Monarchie. Am 28. Oktober proklamiert der
Tschechische Nationalausschuss von Prag einen selbständigen Tschechoslowakischen
Staat. Am 29. Oktober wird die Konstituierung von Deutschböhmen, der
Zusammenschluss des deutschen Nordmähren und Schlesien zu einer Provinz
Sudetenland, der Anschluss Südmährens an Niederösterreich wird verkündet.
1919 Der
Versailler Friedensvertrag ( 28. Mai) legt die Grenzen
des neuen Staates fest, der Friedensvertrag von St. Germain en Laye schreibt einen Minderheitsschutzvertrag vor.
Deutsche Besiedlung im
Nordböhmischen Niederland
Das Niederland ist ohne
Zweifel erst im Zuge der großen ostdeutschen Kolonisation im 13. Jahrhundert
besiedelt worden. Die Herkunft der Siedler ist nirgendwo ausdrücklich
angegeben. Versuche, aus Mundart, Orts- und Familiennamen und Kirchenheiligen
die Herkunft genauer festzustellen, sind über Einzelangaben noch nicht
hinausgekommen.
Wir müssen uns
zufriedengeben, im allgemeinen zu sagen: Die nach 1200 kommenden Siedler waren
wohl ausschließlich Deutsche. Das zeigen die deutschen Dorf- und Stadtanlagen,
die deutschen Orts-, Familien- und Flurnamen und die alten Stadt- und
Dorfbücher, die nirgends einen slawischen Eintrug aufweisen. Thüringer und
Franken, besonders Mainfranken, bildeten den Hauptteil. Niederdeutsche,
besonders Flamen, waren auch vertreten.
Gerufen und mit deutschem
Recht (freiem, vererblichem Eigentum) versehen, wurden sie von den böhmischen
Königen, besonders von
Wenzel I. 1230-53, den
Bischöfen und den großen Herrengeschlechtern als Siedler anerkannt. Der breite,
bisher kaum benutzte Markwald sollte nutzbar gemacht
werden
Die Gemeinden Schluckenau,
Kaiserswalde, Königswalde, Neu Grafenwalde, Harrachstal, Königshein, Rosenhain
und Fugau gehörten zu einem Kirchspiel. Diese Orte bilden auch heute eine
Großgemeinde.
-5-
Karte des Schluckenauer
Zipfel
Ursprung der Familie Pacher
Der älteste Eintrag in einem
Kirchenbuch ist der Sterbeeintrag des Jacob Pacher.
Die Kirchenbücher in dem
Kirchspiel beginnt: Heiratsregister: 20. Januar 1620
Sterberegister: 9. Dezember 1658
Taufregister: 8. April 1615
Am 13 November (1668) ist Jacob Pacher von Kaiserswalde
begraben worden.
Sein erstes Kind wurde 6.
August 1627 geboren. Nach den damaligen moralischen Vorstellungen müsste er 1625 – 1626
geheiratet haben. Im Heiratsregister ist aber kein Eintrag zu finden. Geboren
müsste er ca. 1590 – 1602 sein. Das Taufregister geht aber erst 1615 los. Damit
ist unklar ob der Jacob Pacher in Kaiserswalde das Licht der Welt erblickt hat.
Er könnte auch eingewandert sein oder die evangelischen Kirchenbücher wurden
bei der Gegenreformation vernichtet. Da kein Heiratseintrag vorhanden ist,
können zu seiner Frau keine Angaben
gemacht werden.
-6-
Jacob Pacher hatte 7 Kinder.
Die Einträge sind sehr Lückenhaft. Alle Kirchenbücher zwischen 1670 – 1693 sind
nicht mehr vorhanden. Teilweise steht im Sterberegister das Alter der Person,
so dass auf das Geburtsjahr geschlossen werden kann.
Am 17.Juni (1657) Rubertus mit Anna
Jacob Bachers Tochter von
Kaiserswalde getraut.
Rechts: Am 6.August (1627)
Jacob Bachers Töchterlein getauft mit Namen Anna
Am
24. Februar (1658) Heinrich Bacher Jacob Bachers Sohn vom Kaiserswalde mit J.
Anna Paul Körngels Tochter von Königswalde sind corpuliert (getraut) wurden
Am 18. November (1715)
begraben Heinrich Pacher von Königswalde ….. Alter 85
Jahre.
Da der Taufeintrag fehlt ist
er also 1629 geboren.
Am
16. April (1632) Jacob Bachers
Sohn getauft mit Namen
Friedrich.
Am 29. (Januar 1647) Jacob Pachers Söhnlein getauft mit Namen Adam
(2. Juni 1701) dito bezieht
sich auf den vorherigen Eintrag.
Dito Adam Pacher von
Kaiserswalde (gestorben).
Am 5. dito (Oktober 1719)
wurde begraben Christoph Pacher von Kaiserswalde … alter 68 Jahre.
Am 8. Februar 1669 ist Christoph
Bacher von Kaiserswalde mit der Jungfrau Sabina, Christoph Rogolt
Tochter getraut …..
-7-
Am
13. Juli Jacob Bachers Töchterlein getauft mit dem Namen Elisabeth…
Am 14. April (1716) begraben
Elisabeth Pacherin von Königswalde ….
Am
8. Mai (1651) Balzer Pflaumer …. Corpulierte
mit Anna Maria Jacob Bachers Tochter zu Kaiserswalde.
Orte im Schluckenauer Zipfel
Die
Familie Pacher verteilte sich von Kaiserswalde aus über mehrere Orte des
Schluckenauer Zipfels. Ich möchte einen kurzen Überblick über eine Orte geben.
Solange unsere direkten Vorfahren in diesem Gebiet lebten gab es keine Bilder
der Orte. Ich benutze historische Aufnahmen aus dem Internet. Die Orte Schluckenau (Šluknov), Kaiserswalde (Cisarsky),
Königswalde (Královstvi), Kunnersdorf
(Kunratice), Neu Grafenwalde (Nové
Hrabéci), Harrachstal (Harrachov), Königshain (Královka),
Rosenhain (Rožany) und Fugau
(Fukov) bilden einen Landkreis.
Der Ort Fugau
ist abgerissen und existiert nicht mehr.
Kaiserswalde
Kaiserswalde war die größte
aus den wie in einem Kranz um Schluckenau liegenden Gemeinden. Der Ort
verdankte seine Entstehung und seine Waldhufenform der großen Siedlungsepoche
des 13. Jahrhunderts. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes stammt aus dem
Jahr 1346. Sein Name deutet selbstverständlich auf die Rodung des Waldes zu
Ehren des Kaisers hin.
Die Bevölkerung von
Kaiserswalde war herkömmlicherweise überwiegend als Bauern tätig. Es gab 33
Bauernhöfe und 43 Kleinlandwirte, alle mit ausgezeichnetem Feldbau und sogar
gepflegtem Obstbau. Jedoch bot seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die neu
aufblühende Industrie Männern und Frauen in steigendem Umfang Arbeit und Brot,
sowohl in Fabriken als auch in Heimarbeit. Der größte Betrieb war die Fa. Adolf
Pietschmann oHG, mechanische Buntweberei, Zwirnerei
usw.
Kaiserswalde besaß keine
Wasserleitung. In den meisten Häusern und auf den Höfen bestanden eigene
Brunnen mit Pumpen.
Auf Kaiserwalder Flur lag die
Wasserscheide zwischen Elbe und Spree. Die zwei wichtigsten Wege und Straßen waren
die von Schluckenau nach Lobendau, die alte Kaiserstraße und der Dorfhauptweg -
die Straße von Johannesberg nach Nixdorf.
Kaiserswalde gehörte
kirchlich nach Schluckenau. Es hatte zwar eine 1884 erbaute Kapelle, doch
spielte sich das gesamte religiöse Leben in Schluckenau ab. Zentrum des
Gemeindelebens war die Festplatzanlage gegenüber dem Gasthof Gericht Nr. 1.. Das Schützenfest vereinte jedes Jahr im Juli Alt und Jung.
1683
wütete die Pest in der Gemeinde. 1772 gab es eine große Hungersnot so dass an
die ärmsten Brot verteilt werden musste. 1896 verwüstete ein Brand acht Häuser
und vier Scheunen. Im dreißigjährigen Krieg musste Kaiserswalde die schwedische
Armee mit Lebensmittel und Geld versorgen. Vor der Gegenreformation war
Kaiserswalde protestantisch. Bis 1919 gehörte der Ort zu Österreich-Ungarn. Kaiserswalde
gehört heute zur Tschechischen Republik und heißt jetzt Cisarsky.
1930 gab 2130 Einwohner. Heute Hat Kaiserswalde 219 Adressen 469 dauerhafte
Einwohner.
-8-
1903
1910
1911
1910
-9-
Königswalde
Den
Name Königswalde gibt es seit 1346. Der Ort wurde im
dreißigjährigen Krieg durch die Schweden zerstört. Der Ort erstreckt sich über
4 Kilometer und liegt an der Straße nach Rumburg.
1930 hatte der Ort 2626 Einwohner. Heute leben noch 526 Personen dauerhaft in
diesem Ort. Der Ort hat noch 279 Adressen. Die Kirche St. Lawrence stammt aus
dem Jahr 1848. Die Stationen des Kreuzweges wurden 1855 fertiggestellt. Die Jüttelbergbaude
auf dem Jüttelberg wurde 1888 eingeweiht. Der Ort ist
katholisch geprägt. Überall, an Brücken, an Straßen und Wegen außerhalb des
Ortes findet man Kreuze, Kruzifixe und Schutzheilige.
Kunnersdorf
Die ersten Aufzeichnungen
stammen von 1566. Das Dorf hatte 1930 471 Einwohner. Um das Jahr 1760 gab es mehrere
Mühlen ("Knochenmühlen die Knochen zur Herstellung von Phosphor). Heute
hat Kunnersdorf
noch 30 Adressen und 10 dauerhaft wohnende Bürger.
Neu Grafenwalde
Der Ort gehörte ursprünglich zu Kaiserswalde. Nach
der Überlassung des Maierhofes aus Kaiserswalde entstand 1730 der Ort Neu Grafenwalde. Im Jahr
1930 gab es 448 Einwohner. Heute werden noch 52 Adressen mit 57 Einwohnern gezählt.
1804 gab es durch ein Gewitter beträchtlichen Schaden.
-10-
Rosenhain
Rosenhain wurde 1346
erstmalig urkundlich erwähnt. 1930 hatte die Stadt Rosenhain 1435 Einwohner. Heute leben dort noch 131
Personen.
Königshain
Königshain wurde 1716
gegründet. 1850 schloss sich Königshain und Rosenhain zusammen. Heute leben in
diesem Ort noch 18 Einwohner dauerhaft. Es gibt 24 Adressen.
-11-
Harrachstal
Harrachstal ist warscheinlich im 18.
Jahrhundert gegründet worden. Zuerst schloss es sich mit Königshain zusammen.
Damit wurde es 1850 an Rosenhain angeschlossen. Es gibt noch 5 Einwohner in 4
Adressen.
Fugau
Fugau
wurde 1788 gegründet und hatte 1930 791 Einwohner. Der Ort lag im sogenannten „Fugauer Zipfel“ der in das sächsische Territorium
hineinragt. Wegen seiner besonderen Lage war der nach der Vertreibung der
deutschen Bevölkerung der Ort entvölkertes. In den 1950er Jahren war die
Übergabe an die DDR vorgesehen. Als sich die Pläne einer Grenzbereinigung
zerschlugen, begannen die tschechoslowakischen Behörden mit dem Abriss des
Ortes. Mit der Sprengung der Kirche sowie der Schule am 23. September 1960 war
der Ort schließlich dem Erdboden gleichgemacht.
-12-
Erinnerungskreuz an Fugau
Friedhofsmauer
Schluckenau
Schluckenau
wurde im Jahr 1281 als Slaukenouwe das erste Mal
urkundlich erwähnt. Im Jahr 1359 erhielt der Ort das Stadtrecht. 1414 erhält
die Stadt seine Befestigungsanlagen. Die Kirche zum Heiligen Wenzel wurde 1711
erbaut. Schluckenau wurde 1710 und 1830 von zwei großen Stadtbränden
heimgesucht. 1813 kam es in der Stadt während der Napoleonischen Kriege zu
großen Plünderungen beim Durchzug eines Heeres von 200.000 Mann Stärke. 1930
hatte die Stadt 5578 Einwohner. Davon waren 225 Tschechen. Heute leben hier
5625 personen.
-13-
Schloss
Schluckenau
-14-
Georgswalde
Das
Industriestädtchen liegt im nordöstlichen Teil von Tschechien. Es liegt nicht
weit von den deutschen Städten Ebersbach und Neugersdorf
entfernt. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1346. Neu Georgswalde wurde
im Jahre 1681 gegründet. Zu den wichtigen Bauten gehören die Kirche
St. Jiří aus den Jahren 1724-28 mit einem
Barockturm und eine Barockstatuengruppe auf dem
Stadtplatz aus dem Jahr 1769. 1524 hielt die Reformation in dem zur Herrschaft
Schluckenau gehörigen Dorfe Einzug. Als Folge der Rekatholisierung
wanderten ab 1620 viele Familien in die umliegenden Dörfer der Oberlausitz aus.
Neben der Landwirtschaft ernährte die Leinenweberei die Bewohner des Dorfes,
das 1753 durch Maria Theresia zum Marktflecken erhoben wurde. 1914 wurden Georgswalde, dessen Einwohnerzahl
auf 10.084 angewachsen war, durch Franz Joseph I. die Stadtrechte verliehen.
1930 lebten in der Stadt einschließlich der Ortsteile 7.970 Menschen.
-15-
Der Pacher Stammbaum bis zur Hochzeit
nach Schirgiswalde
-16-
Ausgangspunkt der
Nachforschung ist der Heiratseintrag des Johann Zacharias Pacher im
Heiratsregister von Schirgiswalde.
Den 25ten January
wurd nach dreymahliger proclamation von dem Wadreck Curator gehel. Copuliert: Johann Zacharias Pacher des weyl
Zacharias Pacher aus Kayserswalde ehel.
Sohn mitt Catharina des Heinrich Czischn
aus Neu Schirgiswaldtes ehel.
Tochter. Zeugän deßen Seydt: Anton Pacher aus Kaysershayn
und Gotthard Pecher aus Kayserswaldt
Czischin wird in den Kirchenbüchern als Zischa
geschrieben
Der Inhalt ist schwer lesbar
und wurde durch Internetbekanntschaften meines Bruders übersetzt.
Sterbeeintrag des Johann
Zacharias Pacher in Schirgiswalde. Das seine Frau
schon tot war erkennt man an dem Eintrag Wittwer.
Johann Zacharias wurde 82
Jahre und alt. Er ist damit im Jahr 1733 geboren. In Kaiserswalde ist aber im
Jahr 1733 kein Johann Zacharias zur Welt gekommen. Es gibt nur die Möglichkeit das der Wittwer Zacharias Pacher aus Kaiserswalde der Vater
ist. Im Heiratseintrag steht das der Wittwer Zacharias Pacher geheiratet hat.
Seine erste Ehe ist im ganzen Schluckenauer Zipfel nicht zu finden. Er könnte
sich im sächsischen aufgehalten haben. Nach dem Tod seiner Frau ist er mit dem
Sohn, Johann Zacharias, nach Kaiserswalde zurückgekehrt und seine zweite Frau
hat den Sohn aufgezogen.
Ein weiterer Hinweis das wir richtig liegen ist der Eintrag „weyl
Zacharias Pacher aus Kaiserswalde“. Das bedeutet, dass sein Vater zum Zeitpunkt
seiner Hochzeit schon tot war. Er ist 1759 gestorben.
Der Hans Christoph Pacher ist
nur im Heiratsregister und natürlich in den Taufeinträgen seiner Kinder zu
finden.
Vom Christoph Pacher ist kein
Taufeintrag vorhanden. Im Heiratsregister, im Sterberegister und in den
Taufeinträgen seiner Kinder wurden Einträge gefunden.
Im böhmischen wurde die
Führung der Kirchenbücher sehr lax gehandhabt.
Es gibt noch einen zweiten
Heiratseintrag in Schirgiswalde.
Den 14. November (1746) ward
nach drey mahliger vormulierung xxxJoannes Matyetz Curatur ehel. Copuliert der Ehrbare Wittiber Zacharias Pacher Häußler aus Königswalde, mit Anna
Dorothea Weyl Christoph Gerners aus xxx Eheweib
nachgelassener Wittibern Zeugen seynd:
Joseph Anton Möller Schyld Meister item Meister Hanß Georg Gümppel gärtner und Zinner Meister aus Königswalde
Dieser Eintrag ist ein
Nachfahre des Heinrich Pachers, der nach Königswalde
gezogen ist. Nach der Heirat verschwindet das Brautpaar aus Schirgiswalde. Der
Zacharias beging hier seine dritte Ehe. Er hat bei der Hochzeit das Trauerjahr
nicht eingehalten. Deshalb hat ihn wahrscheinlich der
Pfarrer in Königswalde nicht getraut.
-17-
Als
der Johann Zacharias Pacher nach Schirgiswalde geheiratet hat, ist er nicht
nach Sachsen gezogen. Schirgiswalde war zur damaligen Zeit eine böhmische Exklave.
Schirgiswalde (sorbisch Sěrachow)
Im Jahr 1346 wird das Dorf
Schirgiswalde erstmals urkundlich erwähnt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde der
Ort weitgehend zerstört und entvölkert. Als 1635 der Kaiser die Oberlausitz mit
der Niederlausitz auf den Kurfürsten von Sachsen übertrug, verblieb
Schirgiswalde als Exklave bei Böhmen. Schirgiswalde wurde daher im Rahmen der
böhmischen Gegenreformation bevorzugt mit Katholiken besiedelt, die aus anderen
Gebieten Deutschlands vertrieben worden waren. Um den Wiederaufbau und den wirtschaftlichen
Aufschwung zu fördern, erreichte der damalige Grundherr 1665 die Erhebung von
Schirgiswalde zur Stadt. Später wurde die kleine Stadt vom Bautzener Domstift
erworben, das bis Mitte des 19. Jahrhunderts die Grund- und Gerichtsherrschaft
über Schirgiswalde hatte.
Die Insellage der böhmischen
Stadt inmitten sächsischen Gebietes blieb bis 1809 bestehen. In den folgenden
36 Jahren war die staatliche Zugehörigkeit der Stadt ungeklärt, weil
langwierige diplomatische Verhandlungen zwischen Österreich und Sachsen über
einen Gebietsaustausch nicht gleich zum Ziel führten. Schon Ende des 18.
Jahrhunderts wurden von Österreich wie auch von Sachsen Grenzbereinigungen
angestrebt.
Im Gefolge des für Österreich
unglücklichen Krieges gegen Napoleon im Jahre 1809 hatte das mit Frankreich
verbündete Sachsen Ende des Jahres 1810 Schirgiswalde militärisch besetzt. Seit
dieser Zeit übte Österreich praktisch keine Hoheitsrechte im Städtchen mehr
aus, betrachtete es aber nach wie vor zur böhmischen Krone gehörig, da die Einwohner
noch an ihren Untertaneneid gebunden waren. Eine formelle Übergabe an Sachsen
wurde aber durch den erneuten Kriegsausbruch 1813 (Sachsen an der Seite
Frankreichs gegen Österreich und dessen Verbündete) verhindert. Erst 1845 wurde
die Übergabe Schirgiswalde abschließend vertraglich geregelt und vollzogen. In
der Zwischenzeit gab es in der Stadt keine wirkliche Staatsgewalt, was sich
Räuber, Schmuggler und politische Flüchtlinge zunutze machten.
Die
Stadt hatte im Jahr 2010 2865 Einwohner. Zum 1. Januar 2011 wurde Schirgiswalde, Kirchau und Crostau zur Stadt Schirgiswalde-Kirchau
verbunden.
Markplatz
Katholische Kirche St. Mariä Himmelfahrt
Rathaus Eisenbahn
Viadukt
-18-
Evangelische Kirche Umgebindehäuser
Der Pacher Stammbaum in Schirgiswalde
Die Verbindung von
Schirgiswalde nach Kaiserswalde ist am Anfang noch nicht abgebrochen. Der
Johann Joseph Pacher hat seine Frau, Veronika Mautsch,
aus Kaiserswalde geholt. Veronikas Mutter hat nicht
geheiratet. Damit ist die Veronika uneheliches. Ein Vater ist nicht im
Kirchenbuch eingetragen. Auch Geschwister wurden nicht gefunden. Ein
Sterbedatum oder eine spätere Heirat der Elenora Mautsch,
wurde nicht gefunden.
Von den Geschwistern meines
Großvaters, Karl Pacher, kenne ich noch persönlich, Paul, Hedwig und Elisabeth.
Joseph
Pacher
(Der Bruder von
Anton Bernhard
Pacher.)
Die Schirgiswalder
1975 zu Besuch in Karl-Marx-Stadt. Die Namen von links nach rechts: Ruth Pacher
– Gerdrud Laurig – Hildegard Weber – (dahinter) –
Arthur Thems – Siegfried Laurig
– Joseph Weber – Manfred Pacher. Hildegard Weber und Gerdrud Laurig sind zwei Cousinen meines Vaters. Arthur Thems ist der Schwager meines Vaters.
Paul Pacher 1966
-19-
-20-
Das ist das älteste
Familienfoto der Familie Pacher aus Schirgiswalde. Das Foto soll ca. 1910 in
Schirgiswalde entstanden sein.
Name hinten: Hedwig – Anna – Martha – Emil – Karl
– Richard – Anton
Namen vorn: Elisabeth – Clara Augusta Pacher gebn.
Tammer – Emma – Anton Bernhard Pacher - Paul - Maria
Besuch aus Schirgiswalde 1969
Von links nach rechts:
Hildegard Weber – Elisabeth Pacher – Gerhard Pacher – Hedwig Niemschke – Veronika Pacher (Konrad)
-21-
Elisabeth (Liesel) Pacher
Sie
war nie verheiratet, hat aber drei Kinder. Sie arbeitete als Kinochefin und
Platzanweiserin im Kino von Schirgiswalde. Nach Ihrem Tod wurde das Kino
geschlossen. Elisabeth war Mitglied der SED.
Herbert
Pacher Hildegard Weber
Herbert ist im verwitwet Neumann
2. Weltkrieg Ihr
Mann ist im
gefallen. 2. Weltkrieg gefallen.
Mit ihm hat
sie ihr
einziges
Kind,
Christian Neumann.
Nach dem
Krieg
Heiratet sie den
Joseph Weber.
Werner Pacher. Er verbrachte seine
Kindheit im Heim
_ und lebte
bis zu seinem Tod in Bremen.
Christian Neumann
Er hatte bis zum
Renteneintritt eine
Elektrofirma in
Schirgiswalde.
1966 besuchte ich zum ersten Mal
Schirgiswalde. 1975 war ich als
Ausbilder,
mit der Berufsschule der
Post, im GST Lager Schirgiswalde, dabei besuchte ich natürlich Hilde und
Joseph. Im gleichen Jahr machte Kerstin
und ich Urlaub bei Webers. 1983
besuchten Joseph
und Hilde uns in Hoyerswerda. Das rechte Bild ist bei einem Spaziergang im
Indianerdorf Hoyerswerda aufgenommen. Von 1983 bis 1989 war ich dreimal im Jahr
im GST Lager Schirgiswalde. Jedes Mal besuchte ich Joseph und Hilde. Sie
wohnten auf der Sauerstraße 8. Im Jahr 2005 musste der Hilde ein Fuß amputiert
werden. Danach verlor sie die Lebenslust
und verstarb im Jahr 2006. Joseph konnte später nicht mehr für sich selbst
sorgen und ging in die Pflege- und Therapieeinrichtung in Sohland
an der Spree. Bis 1989 war Hilde Mitglied der SED und Joseph der CDU.
Schirgiswalde Sauerstraße 8.
Aus dem geöffneten Fester schaut Familie Neumann zum 80. Geburtstag von
Hilde Weber
Joseph heraus. Renate – Christiane – Christian Neumann
-22-
Hedwig Niemschke gebn. Pacher
Hedwig hatte zwei Töchter.
Gerdrud
Laurig Ihr
Ehemann Mitte der
achtziger Jahre nahm Siegfried sich eine
Gebn. Niemschke
Siegfried Laurig jüngere Frau und zog nach Bautzen.
Daraufhin nahm
Gerdrud sich das Leben.
Siegfried heiratete die junge Frau. Als Diese Siegfried
verließ nahm
sich Siegfried auch das Leben.
Irmgard Hentschel gebn. Niemschke
und ihr Mann Helmut Hentschel
(links) mit meinem Vater.
Helmut verstarb an Krebs.
Die Familie Hentschel wohnt
in einer alten Mühle in Neusalza-Spremberg. Bis 1936
wurde das Korn noch mit Wasserkraft gemahlen. 1936 wurde die Spree reguliert
und der Mühlgraben musste zugeschüttet werden. Ab jetzt wurde mit einem
Dieselmotor gemahlen. Nach dem Krieg gab es keinen
Diesel. Der Mühlenbetrieb wurde eingestellt. Nur die Bäckerei wurde
weiterbetrieben. Später wurde die Bäckerei auch eingestellt und Helmut
arbeitete in der LPG.
Paul Pacher
Paul hatte drei Söhne. Karl
Pacher ist im 2. Weltkrieg gefallen. Mein Vater ist als Kind oft nach
Schirgiswalde gefahren. Sie wohnten immer beim Onkel Paul. Karl war sein bester
Spielgefährte.
Die Familie Pacher besaß in
Schirgiswalde 5 kleine Grundstücke. 3 Grundstücke wurden verkauft. Von dem Geld
hat Anton Bernhard Pacher auf einem Grundstück das Haus gebaut. Das zweite
Grundstück wurde als Garten benutzt.
Pauls Haus in Schirgiswalde Paul mit seiner Lebensgefährtin und
meiner Mutter.
Nach Pauls Tod ging das Haus in den Besitz seiner Lebensgefährtin
über.
-23-
Emil Franz Pacher
Emil
Pacher zog nach seiner Hochzeit nach Schmölln bei Bischowswerda.
Er heiratete Emma Hulda Hahnewald. Aus der Ehe ging ein Kind hervor.
Rudi Pacher
Emma – Rudi – Emil Pacher
Rudis Ehefrau
Irma Helene Pacher
gebn.
Lehmann
Rudi
hatte drei Kinder.
Carola Irma Pacher
Ina Anett
Müller gebn.
Brachvogel mit Familie
Evelin Vera
Brachvogel
gebn.
Pacher
Vom dritten Kind, Gerd Rudi
Pacher, besitze ich kein Foto.
Richard Pacher
Richard Pacher heiratete nach
Harthau. Heute ist Harthau ein Ortsteil von Chemnitz. Er wohnte in der
Einsiedler Straße. Nach Eingemeindung gab es zwei Straßen mit diesem Namen.
Deshalb wurde die Straße in Harthau in Alte Harth umbenannt. In der Stöcklstraße gab es eine Altstoffannahme zu der wir
„Lumpen-Roter“ sagten. In diese Familie heiratete Frieda Pacher.
Alfred Pacher zog nach Berlin
und arbeitete beim VEB Metallurgiehandel.
-24-
Harthau
Harthau erstreckt sich
zwischen dem Harthwald und Pfarrhübel entlang des Unterlaufs der Würschnitz und
der B 95 nach Annaberg-Buchholz bis hin zum Harthauer Berg. Im Norden reicht
Harthau bis an den Zusammenfluss von Zwönitz und Würschnitz zur Chemnitz (im
Stadtteil Altchemnitz).
Über den Beginn der
Besiedlung liegen keine schriftlichen Quellen vor, sie hat aber bereits vor
1340 begonnen, denn aus diesem Jahr liegt die erste Urkunde vor, ein
Lehnsbrief, der den Besitzwechsel des Harthauer Lehngerichtes dokumentiert. Der
Name Harthau bedeutet „Ort am Bergwald“, er leitet sich ab von den
Bezeichnungen „Harth“ und „Wartha“. Man nimmt an, dass der Ort als kleines
Waldhufendorf aus diesen beiden untergegangenen Wüstungen um das 12./13.
Jahrhundert entstanden ist. Die Wüstung Harth befand sich vermutlich auf der
Anhöhe zwischen der Alten Harth und Einsiedel, die Lage der Wüstung Wartha ist
unbestimmt. Diese beiden Wüstungen wurden auf Grund der ungünstigen
Bodenverhältnisse und des Wassermangels aufgegeben und in das Tal der
Würschnitz verlegt.
Harthau war Besitz des
Chemnitzer Benediktinerklosters. In einem Register des Klosters ist die
Einwohnerzahl festgehalten, so sind 1486 13 ansässige und 1537 14 ansässige und
9 unansässige Familien registriert. Das Kloster betrieb in Harthau eine
Schneidemühle. Im Zuge der Säkularisierung des Klosters wurde Harthau 1548
Amtsdorf, seit 1856 gehörte es zum Gerichtsamt, 1875 zur Amtshauptmannschaft,
später zum Landkreis und seit 1950 zur Stadt Chemnitz.
Aus dem Vergleich der
Einwohnerzahlen von 1548 mit 17 besessene Mann, 2 Häusler u. 27 Einwohner mit
der von 1765 mit 13 besessene Mann, 1 Gärtner und 15 Häusler ist abzuleiten,
dass auch der Dreißigjährige und der Siebenjährige Krieg ihre Spuren
hinterlassen haben. Das mittelalterliche Bannmeilenrecht erlaubte im Umkreis
von Chemnitz keine Handwerker. Erst der Grimmaer Vertrag von 1555 erlaubte die
Zulassung von Handwerksmeistern auf den Dörfern. In Harthau gab es einen
Leineweber, einen Schneider und einen Böttcher.
Bereits um 1422 begannen in
Harthau erste Bergbauversuche. 1708 erfolgten Grabungen nach Kupfer, mit
geringem Erfolg. Auch Bohrversuche nach Steinkohle um 1819–1848 blieben ohne
nennenswerten Erfolg. Mit der Errichtung der Spinnmühle durch C. F. Bernhardt
im Jahre 1798 wurde Harthau zum Ausgangspunkt der industriellen Revolution in
Sachsen. 1803 waren hier 114 Männer, Frauen und Kinder beschäftigt. Die
Bernhardsche Spinnerei war weit über Sachsen hinaus bekannt. Selbst J. W. v.
Goethe besuchte 1810 die Spinnerei. Ein wichtiger Industriezweig in Harthau war
auch die Strumpfwirkerei. 1857 gehörten 157 Meister, 80 Gesellen und 36 Lehrlinge
zu dieser Innung. Harthau entwickelte sich immer mehr zu einem Industrieort. Es
gab im Ort zwei Spinnereien (Sächsische Kammgarnspinnerei und Kammgarnspinnerei
Schäfer), eine Kassetten- und Kopierpressenfabrik (Drechsler & Wagner),
zwei Eisengießereien (Gebr. Richter und Gebr. Steiner), eine Verbandwattefabrik
(Schubert) sowie 10 weitere kleinere Betriebe.
Die Einwohnerzahl entwickelte
sich ständig weiter. So zählte die Gemeinde folgende Einwohner:
Jahr Einwohner Jahr Einwohner Jahr Einwohner
1834 1106 1880 1676 1910 6484
1849 1300 1890 2688 1925 6842
1871 1629 1900 4503 1933 7139
Das Bevölkerungswachstum ist
auch darauf mit zurückzuführen, dass viele Chemnitzer Arbeiter den schön
gelegenen Ort Harthau als Wohnsitz wählten. Es entstand am linken
Würschnitzufer ein neuer Ortsteil. An der Klaffenbacher Straße errichtete die
Kammgarnspinnerei Wohnhäusel' für Betriebsangehörige (ein Teil davon
wurde 1938 der Gemeinde Klaffenbach zu gegliedert). Weitere Wohnungen
entstanden in der Alten Harth (damals Einsiedler Straße) und am Richterberg.
Durch die Vergrößerung der
Gemeinde nahmen auch die kommunalpolitischen Aufgaben und Entscheidungen zu.
1838 wurden der Gemeinderat und der Gemeindevorstand geschaffen, die ihre
Arbeit im Nebenamt versahen. Bis 1874 übte der jeweilige Lehngerichtsbesitzer
die Polizeigewalt aus. Ab 1924 übte der Gemeindevorstand als hauptamtlicher
Bürgermeister sein Amt aus. Der Gemeinderat tagte in der Wohnung des jeweiligen
Gemeindevorstandes, bis 1890 im bisherigen Schulhaus das Gemeindeamt
eingerichtet wurde. 1913 wurde das jetzige Rathaus erbaut.
Von der Wattefabrik Oswald
Schubert erhielt Harthau bereits 1889 als erster Ort der Umgebung elektrischen
Strom. Am 1. Oktober 1895 erhielt Harthau durch den Bau der Eisenbahnlinie
Anschluss an das staatliche Eisenbahnnetz. 1920 erfolgte der Anschluss an das
städtische Gasnetz sowie 1938 der Bau einer Wasserleitung.
Im
Kirchenvisitationsprotokoll von 1539 wird eine Kirche in Harthau erwähnt, die
jedoch schon früher existierte. Obwohl diese Kirche mehrmals umgebaut und
erweitert wurde, war sie für den ständig größer werdenden Ort nicht mehr
ausreichend. So wurde nach umfangreichen Verhandlungen 1906 mit dem Bau der
Lutherkirche begonnen, deren feierliche Weihe im August 1908 stattfand. Die
alte Kirche diente seit 1925 als Gedächtnisstätte für die 234 Gefallenen des 1.
Weltkrieges. Sie steht unter Denkmalschutz und wird heute für festliche
Musikveranstaltungen genutzt. 1904 wurde der neue Friedhof und 1905 die
Friedhofskapelle übergeben.
Auch auf das Schulwesen
wirkten sich die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen aus. Bis 1846
unterrichtete in Harthau ein Lehrer alle Schüler in einer Klasse. Im 1861
erbauten Kirchschulgebäude befanden sich bereits zwei Schulzimmer und zwei
Lehrerwohnungen. Das 1891 errichtete Schulgebäude war nach nur 10 Jahren zu
klein, so dass im Juni 1901 die große Schule eingeweiht wurde. Die Turnhalle
wurde 1913 errichtet. Das 1855 als Stiftung gegründete Kinderheim Johanneum
wurde 1926 nach Harthau verlegt. Zu DDR Zeiten hieß es „Geschwister Scholl“ Heim.
Seit 1999 wird es als Wohnhaus ausgebaut.
Durch die Industrialisierung
und die damit verbundene Umgestaltung wurde die Harthauer Bevölkerung
frühzeitig politisch aktiv. 1819 wurde
-25-
der Vaterlandsverein, 1869 die Lassalleaner
sowie 1907 der sozialdemokratische Ortsverein gegründet. 1869 bestand bereits
ein Gewerkschaftsverein. Die Ortsgruppe der KPD wurde 1919 gegründet. Die
Arbeiter nannten Harthau stolz „Klein Moskau“. Zu den Reichstagswahlen am
5.3.1933 erzielte die KPD in Harthau die meisten Stimmen.
Der 2. Weltkrieg hatte auch
seine schmerzlichen Auswirkungen auf Harthau. Am 14. Februar und am 5. März
wurden 39 Gebäude total, 27 schwer und 39 mittelschwer bzw. leicht zerstört.
Die Gemeinde nahm fast 800 Flüchtlinge auf. Die Gemeindeleitung wurde von der
SPD und der CDU übernommen. Seit 1919 gab es von Seiten der Gemeinde mehrere
Versuche zur Eingemeindung Harthaus in die Stadt Chemnitz. Jedoch durch
Meinungsverschiedenheiten kam es zu keinem Vertrag. Erst 1950 erfolgte die
Eingemeindung in die Stadt. Der Ort verlor dadurch an Eigenständigkeit und
Identität.
Kirchengeschichte Harthau
1539 gab es in Harthau
bereits eine steinerne Kirche für die Orte Harthau, Berbisdorf und Eibenberg.
Der romanische Vorgängerbau wurde 1966-68 ausgegraben. 1609 und 1765 wurde sie
grundlegend umgebaut und steht heute noch als „Alte Harthauer Kirche“ am
Berghang hinter dem Pfarrhaus. Durch den Bau zweier Spinnereien und weiterer
Industriebetriebe im Ort wuchs die Einwohnerzahl Anfang des 20. Jahrhunderts
auf 7000 an (heute etwa 2400). Obwohl 1901 Eibenberg und 1905 Berbisdorf eigene
Kirchen erhielten, war die alte Kirche den vielen Gläubigen nicht mehr
gewachsen. So wurde 1906–1908 nach Plänen des Leipziger Architekten Paul Lange
die neue und größere Lutherkirche errichtet. Sie ist im Jugendstil erbaut und
unverändert erhalten geblieben. In der Nazizeit wurden die Bronzeglocken
ausgebaut und für Rüstungsgüter eingeschmolzen. Trotz der nur leichten
Beschädigungen durch den 2. Weltkrieg musste die Kirche in den 1980er Jahren
grundlegend restauriert werden. Dies geschah mit großem Engagement der
Harthauer Gemeindeglieder und Ortsbewohner. Neu eingefügt wurde der
Altaraufsatz aus der Kirche des ehem. Dorfes Magdeborn. 1988 konnte die Kirche
mit einem Festgottesdienst wieder eingeweiht werden.
Die alte Kirche - Bild von 1845
Die Neue Kirche -
Lutherkirche
-26-
Die
Harthauer Schule
Rechts: Die alte Schule von
1891
In diese Schule wurde ich eingeschult. Im
Erdgeschoss rechts Die Turnhalle von 1913. In dieser Halle habe
ich in der ersten
War mein
Klassenzimmer. Im Erdgeschoss links war der Hort. Klasse meinen Sportunterricht
absolviert.
Links: Das Neue Schulgebäude
von 1901. In diesem Haus war auch die
Aula.
Das Rathaus von 1913
Luftaufnahme
von Harthau
1886 als Kammgarnspinnerei Paul Schaefer & Co. KG
gebaut
1927 Vereinigte Harthauer Kammgarnspinnereien Vent &Co. KG
1943 Vermietung an die deutsche Werft Kiel AG
Torpedoproduktion
Für
die Arbeitskräfte wurde auf der Rehwiese ein KZ errichtet.
1945
Kaserne der Roten Armee
1950 Materiallager der SAG Wismut
1992 Autohandel
-27-
Watte Fabrik Schubert ehemals Ott
Blechverarbeitung
Schmettow
Ausflugsgaststätte
„Waldhaus“
Blick
in die
„Alte
Harth“
Zu diesem Friseur sind wir
auch noch gegangen.
-28-
Hochwasser
1954
Annaberger
Straße
Brücke
zur
Klaffenbacher
Straße
Dahinter
Watte-Schubert
Hof
vom Mädchenheim
Damit
die Leute aus dem
Herrenhaus
einkaufen
Konnten
wurde ein
Ruderboot
vom
Schlossteich
geholt.
-29-
Hochwasser 2010
-30-
Der Pacher Stammbaum in Harthau - Chemnitz
-31
Johann Karl Pacher
Karl Pacher erlernte in Schirgiswalde den
Beruf eines Tischlers. Nach der
Lehre ging er auf Wanderschaft.
Seine weiteste Station soll im Elsas gewesen
sein.
Auf dem Rückweg nach Schirgiswalde
besuchte
er seinen Bruder Richard. Der lebte
in
Harthau bei Chemnitz. Dort verliebte er sich
in
die Tochter des Köhler Tischlers. 1907
heiratete
er die Frieda Köhler in Harthau. Er
behauptete
immer er hat die hübscheste
der
Köhler Schwestern bekommen.
Er
muss schon vor 1904 nach Chemnitz
gekommen sein, den Sein erster Urlaub von
der
Armee ging nach Harthau Klaffenbacher
Straße
36/I bei Köhler.
Später
war ihm seine Frau zu „primitiv“ und er
Hatte
eine Affäre in Einsiedel. Seine Affäre
Arbeitete
in der Gaststätte Waldschlösschen.
Jeden
Donnerstag hatte sie frei und Karl ging
Nach
Einsiedel um sie besuchen.
Hochzeitsfoto Karl und Frieda
Einträge im Familienstammbuch:
Karl Johann Pacher
Tischlergehilfe
I.Ehe
Religion römisch katholisch
geboren 25.Mai 1882 in
Schirgiswalde in Sachsen
Eltern: Anton Pacher
Werkführer
und dessen Ehefrau Clara
Jung beide wohnhaft in
Schirgiswalde Sachsen
Selma Frieda Köhler Andreherin
I.Ehe
Religion evangelisch
lutherisch
geboren 4. Mai 1882 in
Burkhards-
Dorf in Sachsen
Eltern: Karl Heinrich Hermann
Köhler
Tischlermeister und dessen
verstorbene Ehefrau
ersterer wohnhaft in Harthau
letztere zuletzt daselbst
-32-
Sie wohnten in Harthau Klaffenbacher
Straße 36 (rotes A). Am Anfang bei seinen Schwiegereltern. Später hatten Sie
eine eigene Wohnung in diesem Haus. Die Tischlerwerkstatt Köhler befand sich
auch in diesem Komplex.
Beim Mädchenname seiner
Mutter gibt es zwischen dem
Familienstammbuch und
Dem Militärpass Unterschiede.
Im Familienstammbuch ist Jung
und im Militärpass ist
Tammer angegeben.
Seine Mutter hat einen Jung
geheiratet, sie hat aber zwei
uneheliche Kinder mit dem
Name Tammer
in die Ehe
mitgebracht. Soweit ich
informiert haben die zwei
Kinder auch
weiterhin den Namen Tammer getragen.
Personale des Buchinhabers.
1. Vor- und Familienname: Karl Johann Pacher
Geboren am 25. Mai 1882
zu Schirgiswalde
Verwaltungsbezirk:
Bautzen
Bundesstaat: Königreich
Sachsen
2. Stand oder Gewerbe: Tischler
3. Religion: Römisch katholisch
4. Ob verheiratet: Nein Ja
Kinder:
keine 1 2
5. Datum und Art des Dienstantritts:
Am 12. Oktober 1904
als Ersatzrekrut
6. Bei welchem Truppenteil (unter Angabe der
Kompanie,
Eskadron, Batterie):
7.
Infanterie-Regiment „König Georg“ Nr. 106.
9.Kompanie
-33-
Die Militärzeit vom Karl Pacher:
1904 – 21.11.1906 Militärzeit beim 7. Infanterie-Regiment
„König Georg“ Nr. 106. 9.Kompanie in
Leipzig Connewitz
Entlassen
mit Militärfahrkarte und 50 Pfennig Marschgebürnissen
September 1906 Urlaub nach Harthau Klaffenbacher
Straße 36 I bei Köhler
29.8.1908 – 25.9.1908 Zur
Übung eingezogen – 15. Infanterie-Regiment No. 181,
10. Kompanie
16.6.1909 – 29.6.1909 Zur
Übung eingezogen – 12. Infanterie-Regiment No. 177,
11. Kompanie
18.6.1914 – 1.7.1914 Zur
Übung eingezogen – 1. Infanterie-Regiment d.R. (der
Reserve), 8. Kompanie
5.8.1914 Mobilmachung – eingezogen zum Ersatz Bataillon
R.J.R. 104, 4. Kompanie
15.8.1914 – 3.2.1915 Zur
Radfahrerabteilung 6 in Breslau versetzt
4.2.1915 Zum Königlich Sächsischen Ersatz Bataillon
104, 4. Kompanie zurückversetzt
21.2.1915 In das Feldlazarett Wongrowitz
überwiesen. Er war krank und hatte keine Verletzung.
15.5.1915 Zum 15. Infanterie-Regiment No. 181, 1 Ersatz Bataillon, 1. Kompanie versetzt
1.12.1916 – 20.2.1917 Bei dem
Zum 15. Infanterie-Regiment No. 181, 1 Ersatz
Bataillon, 5. Kompanie versetzt
21.2.1917 – 23.2.1917 Bei der LANDST.-ERS.-BATL. Leipzig
XIX 6, 3. Kompanie
18.2.1917 Zum Fußartillerie Regiment
12 versetzt
2.3.1917 – 3.9.1917
Zum Fußartillerie Bataillon 152, 3. Batterie versetzt
6.2.1918 – 14.6.1918 Zum Königlich Sächsischen
Fußartillerie Regiment, Ersatz Bataillon, 7. Batterie versetzt
14.6.1918 – 31.3.1919
Sächsisches Feldartillerie Regiment 12, Bataillon II. Batterie Dresden / Königsbrück
31.3.1919 Entlassen nach Harthau
Klaffenbacher Straße 36
Seine Führung war zwischen „Gut“
und „Sehr Gut“. Er hatte keine Strafen und keine
Auszeichnungen und keine Verwundungen.
Es ist erstaunlich, obwohl
der 1. Weltkrieg am 11. November 1918 zu Ende war diente Karl noch bis 1919.
Karl wurde während des 1. Weltkrieges
ständig versetzt. Ich vermute er hat sich ganz geschickt um Kampfhandlungen
gedrückt.
Kaserne
des 181. Infanterie Regiment in Chemnitz
Karl Pacher im Feldlazarett Wongrowitz. Karl ist der Soldat auf der rechten Seite mit
Vollbart
Wongrowitz (Wongrowiec) liegt in
Schlesien in der Provinz Posen (Poznan). Auf der
Landkarte ist Wongrowitz etwas nördlich von Posen..
-34-
Karl schickte an seine
Lieblingsschwester eine Karte aus dem Lazarett.
Feldpost
Fräulein Elisabeth Pacher
Rittergut
Kottmarsdorf
Bei Löbau (Sachsen)
Wongrowitz am 16.4.15
Liebe Schwester Ließbet;
Teile Dir mit, das ich
Sonnabend
am 17. April aus dem Lazarett
entlassen werde, näheres
teile ich
Dir später mit herzlichen Gruß
Dein Bruder Karl
Abs. ???? Pacher Lazarett Wongrowitz ??????
Der Köhler Tischler verlegte
seine Werkstatt von Harthau Klaffenbacher Straße 36 nach Chemnitz auf die
Stollberger Straße. Seinen Schwiegersohn Karl nahm er nicht mit. Ich vermute er
hat ihm das Fremdgehen nicht verziehen. In der Weltwirtschaftskriese ging die
Tischlerei Pleite. Die Werkzeuge wurden auf dem Dachboden der Einsiedler Straße
eingelagert. Das Haus wurde zum
Kriegsende zerstört. Und alle Werkzeuge verbrannten. Nur eine Hobelbank ist
übriggeblieben. Diese wurde nach der Pleite einem anderen Tischler in Harthau
geliehen. Nach dem Krieg hatte er keine Verwendung mehr gab sie meinem Vater
zurück. Die Hobelbank ist heute im Besitz meines Bruders Wolfram.
Karl zog mit seiner Familie
in Harthau auf die Einsiedler Straße 6 (heute Alte Harth) (
roter Punkt). Der Fußweg der Einsiedler Straße wurde eines Tages mit Platten ausgelegt. Wenn
Karl von Arbeit kam hat er immer eine Platte in seine Aktentasche gesteckt. Er
wollte seinen Hof auslegen. Eines Tages stand die Polizei vor der Türe.
Der Verhältnis zu seinem Bruder war angespannt. Richard
sagte immer, alle Kommunisten gehen fremd und klauen.
1929 kaufte Karl sich ein
Radiobastelbuch und legte sich
Einen Detektor (einfaches Radio
mit Kopfhörer) zu. Moderne Halbleiterbauelemente gab es noch nicht. Um den Halbleitereffekt
zu erreichen wurden Kristall-Detektoren Entwickelt (unten rechts ein Beispiel).
Der Halbleitereffekt musste mit einer Kontaktfeder neu gefunden werden. Wenn Karl sein Radio einstellte verlangte er
von seiner Frau und Kindern absolute Ruhe. Sonst konnte er sehr laut werden. Das
ist ein
Beispielgerät, wie Karl sein
Radio wirklich aussah weiß keiner mehr.
-35-
Karl war Mitglied der KPD.
Aufmarsch des Rot Front
Kämpferbundes (RFB) Harthau.
Karl läuft als Geldsammler rechts
daneben.
Unten: Ein Wochenendlager der
Roten Jungfront, Ortsgruppe Harthau im Herbst 1928 auf dem Sauberg
in Ehrenfriedersdorf.
Als 1933 die Nazis an die
Macht kamen, wurden alle Kommunisten verhaftet und Interniert. Karl wurde in
das KZ Sachsenburg überstellt.
Karl wurde nicht nach
Buchenwald überstellt sondern entlassen und musste sich wöchentlich auf der
Polizei melden.
In
diesem Fabrikgelände wurde das KZ eingerichtet.
Das KZ wurde Anfang Mai 1933
unterhalb des Schlosses Sachsenburg errichtet. 50 bis 60 Häftlinge, meistens
Arbeiterfunktionäre aus Chemnitz, gehörten zu jenen, die im Mai 1933 dieses
Lager errichten mussten. Dazu kamen noch 40 Häftlinge aus dem KZ Plaue, die man am 2.Mai 1933 nach Sachsenburg deportiert
hatte. Ihre Bewachung erfolgte durch 25 SA- und SS-Leute. Kommandant war
SA-Standartenführer Max Hähnel.
Nachdem Hähnel infolge des
Röhm-Putsches festgenommen wurde, wurde das KZ Sachsenburg ab dem 13. August
1934 durch das SS-Sonderkommando Sachsen übernommen. Von 1933 bis 1937
waren dort jeweils durchschnittlich zweitausend Regimegegner eingesperrt. Sie
mussten unter unmenschlichen Bedingungen schwere, erniedrigende Arbeiten
verrichten, so schwerste Arbeit im nahegelegenen Steinbruch und beim Bau von
Uferbefestigungen. Insgesamt waren in Sachsenburg bis zu 1.400 Häftlinge
untergebracht. Es bestand bis zum 9. Juli 1937. Die meisten Häftlinge wurden in
das inzwischen errichtete Konzentrationslager Buchenwald verlegt.
Nach unvollständigen
Unterlagen, die 1945 im Gemeindeamt Sachsenburg vorlagen, wurden 11 Häftlinge
ermordet. Wie viele Menschen infolge der Misshandlungen starben, ist unbekannt.
Nach dem Krieg wurde eine
Mahn- und Gedenkstätte für die 2000 Antifaschisten errichtet, die unter der
nazistischen Terrorherrschaft dort gelitten haben, welche nach dem Ende der DDR
1993 geschleift wurde und von dem nur noch ein stark verwittertes Mahnmal
erhalten ist. Heute ist die Existenz des KZ Sachsenburgs weitgehend unbekannt,
kein Touristenführer oder Hinweisschild gibt Auskunft.
-36-
Wachablösung im KZ
Sachsenburg
Der VVN (Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes) gelang es nach der Wende (1989) das Mahnmal zu
retten.
Nach der KZ Entlassung fand
Karl keine Arbeit in Harthau. Eine Schwester seiner Frau, Klara Köhler, hat in
die Ihle Verwandtschaft eingeheiratet. Die Familie Ihle betrieb in
Burkhardtsdorf die Firma „Gebrüder Ihle Blechbearbeitung“. Die Firma lag am
Ortsausgang nach Annaberg auf der Straße Winkel 1. Die Firma wurde in der DDR
verstaatlicht und nannte sich VEB Blechverarbeitungswerk. Die Firma existiert
immer noch und hat den Namen „Blechverarbeitung GmbH Burkhardtsdorf“.
-37-
Karl besaß zwei Fahrräder.
Ein gutes Rad, das stand in der Wohnstube. Beim dem Rad für den täglichen
Gebrauch war der Rahmen gebrochen und mit Draht zusammengebunden. Mit diesem
Rad ist täglich von Harthau über den Harthauer Berg nach Burkhardtsdorf
gefahren. Das sind ca. 8 km.
Am 18. Dezember 1942 kam Karl
mit dem Fahrrad von der Spätschicht. Das Licht am Fahrrad durfte wegen
Fliegerangriffen nur ein schmaler Schlitz sein. Zwischen Harthau und
Burkhardtsdorf kam es zum Unfall. Ob der mit Draht zusammengebundene Rahmen
gebrochen ist, oder ob ihn ein Auto angefahren hat wurde nie geklärt. Ca. 2
Stunden nach dem Unfall fand ein Busfahren meinen Großvater im Straßengraben.
Er nahm ihn mit und er wurde nach Chemnitz in das Krankenhaus auf der Zschopauer Straße gebracht. Dort verstarb er am 19.12.1942
um 0:10 Uhr.
Interessant ist der Eintrag
„glaubenslos“. Auch im Familienstammbuch ist bei keinem Kind eine Taufe
eingetragen.
Das
letzte Foto von Karl Pacher.
Frieda Pacher
Zum Zeitpunkt der Hochzeit,
am 22.9.1907, arbeitete sie als Andreherin in einer
Textilfabrik. Andrehen bedeutet das gerissene Fäden wieder zusammengedreht
werden.
Harthau wurde am 14. Februar
1945 und am 2. März 1945 Bombardiert. Als am 2. März die Waffenfabrik „Deutsche
Werft
Kiel“ bombardiert wurde traf
eine Bombe die Einsiedler Straße 6.
Das Haus brannte bis auf die
Grundmauern nieder. Es gab zum Glück keine Toten. Frieda und ihre Schwester
Rosa fanden beim
Waldmeister, am Waldweg das
sogenannte Alaskahäuschen,
Unterkunft.
Nach dem Wiederaufbau
hatten Anna und Rosa eine Wohnung
in diesem Haus.
-38-
Nach der Zerstörung ihres
Wohnhauses schicke Frieda an ihren Sohn Gerhard ein Telegramm. Damit wusste
mein Vater das ihr gut geht.
1946 schickte mein Vater eine
Karte, aus der Gefangenschaft, an seine Mutter. Interessant ist die Adresse.
Die Adresse lautet Schulstraße 22 (roter Punkt). Nach der Eingemeindung von
Harthau nach Chemnitz gab es zwei Schulstraßen. Deshalb wurde die Harthauer
Straße in Stöcklstraße umbenannt. Nach 1989 wurde das
Haus abgerissen.
Unsere Oma wohnte am Anfang
in unserer Wohnung, Klaffenbacher 49 (Mädchenheim). Später zog sie zu ihrer
Tochter Elly in das Harthauer Rathaus. Dort verstarb sie auch 1958.
Auf diesem Bild von Wolframs Schulanfang ist in der Mitte rechts unsere
Großmutter Frieda und links daneben ihre Schwestern Anna und Rosa zu sehen.
Auf dem städtischen Friedhof
(Krematorium) Karl-Marx-Stadt fanden Karl und Frieda ihre letzte Ruhe.
(Bild von 1958)
-39-
Elly Thems
Die Elly ist die älteste der
der Kinder vom Pacher Karl.
Links ist ihr Hochzeitsbild
mit dem Jungkommunisten Arthur Thems, aus Harthau, zu sehen.
Beide hatten einen Garten in
der Sparte „Lehngericht“ in Harthau. Sobald Arthur den Garten betreten hat,
hisste er die rote Fahne.
Elly und Arthur waren
Mitglied der KPD und später der SED.
Nach dem Krieg war ihre
Wohnung im Harthauer Rathaus (Seite 27 - oben links).
Die Fläche neben dem Rathaus
wurde als Garten genutzt.
Elly und Arthur hatten drei
Kinder.
Links-
Gisela
Mitte – Iris
Rechts – Christine
Iris
ist im Alter in das Pflegeheim in Harthau gezogen. Das Pflegeheim ist im
Mädchenheim,
wo wir bis 1959 gewohnt haben.
Herbert Pacher
Herbert ist der mittlere der
drei Kinder vom Karl Pacher.
Links – Gerhard (mein Vater)
Mitte – Elly
Rechts – Herbert.
Herbert war Mitglied der KPD.
1933 konnte er sich einer Verhaftung, durch die Flucht nach Schirgiswalde,
entziehen.
Am Anfang des Krieges war er
wehrunwürdig, wurde aber später eingezogen. Weihnachten 1944 hatte er noch
einmal Urlaub. Die letzte Meldung von seiner Einheit stammt vom 1.1.1945 aus
dem Raum Wartenburg / Ostpreußen. Bis heute ist sein
Schicksal ungeklärt.
Sein letzter Brief ist vom 19.2.1945
an Otto Jaenschen . Er berichtet, das eine Einheit
bei Königsberg eingekesselt ist
- 40-
1950 kam noch einmal eine Karte an Herbert.
Der Absender wusste nicht, dass er tot ist.
1946 hat ein Otto Jaenchen
an meinen Vater einen Brief geschrieben. Interessant sind die Informationen
über die Zerstörung des Wohnhauses Einsiedler Straße 6.
Noch interessanter sind seinen Zeilen über Herbert. Wenn man sich
die Zeilen auf der Zunge zergehen lässt, kommt man zum Schluss, das Herbert schwul war und Otto Jaenchen
sein Freund. Otto Jaenchen ist am 18.8.1958 im Alter
von 56 Jahren gestorben. Er hinterließ eine Frau und eine Tochter (aus einem
Nachruf der SED Stadtleitung Chemnitz). Ich glaube zur damaligen Zeit konnte
sich auch ein Kommunist nicht als schwul outen.
-41-